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Was darf ins Bio-Lebensmittel?

Höchste Standards für eine schonende Verarbeitung

Bei der Verarbeitung von Bio-Lebensmitteln gelten anspruchsvolle Standards, damit sich die besondere Bio-Qualität der ökologisch erzeugten Rohware im handelsfähigen Produkt wiederfindet. Denn im Gegensatz zur Herstellung konventioneller Produkte sichert die EU-Öko-Verordnung nicht nur die Lebensmittelsicherheit des Endprodukts sondern garantiert eine zertifizierte Produktionskette von der Landwirtschaft bis in den Handel. Mit dem Bio-Recht wird nicht nur Einsatz kritischer Hilfs- und Zusatzstoffen stark eingeschränkt sondern unter anderem auch die zweifelhafte Bestrahlung oder die Anwendung von Gentechnik ausgeschlossen. Die Bio-Verbände gehen mit ihren privatwirtschaftlichen Richtlinien sogar noch über diesen höchsten gesetzlichen Standard hinaus, etwa was den Einsatz von Enzymen und Aromen oder den Ausschluss qualitätsmindernder Herstellungsverfahren betrifft.

Öko-Rohstoffe, wenig Zusatzstoffe, weder Bestrahlung noch Gentechnik

Die EU-Öko-Verordnung schreibt vor, dass alle verarbeiteten Bio-Lebensmittel aus Öko-Zutaten bestehen müssen, die bis zur Rohware rückverfolgbar sein müssen. Nur im Ausnahmefall, wenn Zutaten überhaupt nicht in ökologischer Qualität verfügbar sind, dürfen Bio-Hersteller maximal 5 % konventionelle Zutaten verwenden – und das auch nur, wenn diese im Anhang IX der Verordnung (EU) 889/2008 aufgeführt sind [1]. Produkte, die mehr als 5 % Zutaten aus der Jagd oder Fischerei beinhalten, dürfen im Produktnamen nur in Bezug auf die ökologische Zutat Begriffe wie Bio- oder Öko verwenden wie zum Beispiel ‚Thunfisch in Bio-Sonnenblumenöl‘. Sind in einem Lebensmittel weniger als 95 % ökologischer Rohstoffe enthalten, ist es dem Produzenten erlaubt, in der Zutatenliste die Rohwaren in Öko-Qualität auszuweisen [1]. In beiden Fällen gelten für die Verarbeitung immer die Maßgaben der Öko-Verordnung.

Damit Bio-Produkte so naturbelassen wie möglich hergestellt werden, ist die Verwendung von Zusatz- oder Hilfsstoffen für den Verarbeitungsprozess ist in Art und Anwendungszweck detailliert reglementiert. Anhang VIII der Verordnung (EU) 889/2008 umfasst in einer Positivliste 49 Zusatzstoffe und -gruppen – in der konventionellen Lebensmittelverarbeitung sind fast 400 Zusatzstoffe zugelassen. Ob ein Zusatzstoff eingesetzt werden darf, hängt davon ab, ob diese Stoffe nachweislich alternativlos sind, also Bio-Lebensmittel ohne diese nicht hergestellt oder haltbar gemacht werden können. Das gilt auch für die erlaubten technischen Hilfsstoffe, die in einer Positivliste in Anhang VIII B aufgeführt sind.

Die gesundheitliche Unbedenklichkeit sowie die technologische Notwendigkeit der Lebensmittelbestrahlung sind umstritten [2]. Daher ist die Bestrahlung von Nahrungsmitteln mit ionisierenden Strahlen zur Entkeimung und zur Verlängerung der Haltbarkeit in der Ökologischen Lebensmittelwirtschaft verboten. Vorbeugendes Qualitätsmanagement und herkömmliche Hygieneverfahren sichern einen einwandfreien hygienischen Standard [3]. Auch Gentechnik ist bei Bio ist Gentechnik tabu, denn Bio-Verarbeiter kommen ohne gentechnisch veränderte Organismen (GVO) als Rohstoffe und Bakterienkulturen aus – die Bio-Unternehmen setzen auf gentechnikfreie und ohne gentechnische Verfahren hergestellte Zutaten.

Hohe Qualität statt überflüssiger Aromen oder künstlicher Farbstoffe

Bio-Lebensmittel sind so naturbelassen wie möglich hergestellt und werden daher weder mit isolierten Nährstoffen angereichert, noch künstlich gefärbt, verwässert oder ähnliches. Aromen, die Bio-Verarbeiter einsetzen, sollen den Eigengeschmack der hochwertigen Rohstoffe unterstützen und brauchen nicht zur Schönung minderwertiger Qualitäten eingesetzt werden. In Bio-Lebensmitteln dürfen nur natürliche Aromen und Aromaextrakte verwendet werden. Bei Bio-Anbauverbänden sind natürliche Aromen nur für wenige Produktgruppen zugelassen, viele Öko-Unternehmen setzen diese gar nicht erst ein. Denn bei sogenannten ‚natürlichen Aromen’ handelt es sich um hochverarbeitete Produkte, die mit Hilfe von Lösungsmitteln aus natürlichen Rohstoffen (nicht notwendigerweise Lebensmitteln) hergestellt werden. Dem vollständigen Weglassen natürlicher Aromen stehen technische Notwendigkeiten aber auch erlernte Geschmackserwartungen der Kunden gegenüber [4]. Aktuell werden zunehmend ökologisch zertifizierte Aromen für den Markt bereitgestellt.

Innovative Rezepturen und Verarbeitung

Lebensmittelverarbeitung spiegelt sowohl die technologische Entwicklung als auch die Veränderung der Esskultur wider. Ob Lebensmittel durch Verarbeitung ‚veredelt‘ werden, also z. B. ob der Gesundheits- oder Genusswert der Rohstoffe durch die Produktion erhöht wird, hängt von der Rohstoffauswahl, den Verarbeitungsverfahren, den Rezepturen und der Qualitätspolitik der beteiligten Unternehmen ab. Die Verarbeitungsregeln der Öko-Anbauverbände gewährleisten eine besonders schonende Verarbeitung im Sinne einer gesunden, naturbelassenen und ökologischen Ernährungsweise. So werden bestimmte Verfahren ausgeschlossen, wie die Sterilisation von Milch oder beschleunigende Hilfsmittel zur Fermentation von Lebensmitteln, wie etwa bei Essig, Bier, Käse oder Rohwurst [5]. Einzelne Verbände verbieten auch die Saftherstellung aus Konzentraten. Die hohen Qualitätsansprüche der Bio-Unternehmer führen laufend zu technologischen Innovationen und Produktentwicklungen innerhalb der Bio-Branche, die auch der konventionellen Branche zugutekommen. Nur ein Beispiel ist ein gentechnikfreies Fermentationsverfahren für alkoholfreies Bier, bei dem im Unterschied zu den gängigen Verfahren kein Alkohol unter Geschmacksverlust extrahiert werden muss. Vor allem das Lebensmittelhandwerk spielt bei der Herstellung von Bio-Lebensmitteln eine innovative Rolle, indem die Hersteller Rezepte für geschmacklich individuelle, häufig Regionen-spezifische Produkte entwickelt, deren Zutaten oft vorzüglich von regionalen Bio-Bauern stammen [4].

Entwicklungs-Potentiale bei Verarbeitungsrichtlinien und Technologien

Angesichts der Kundenerwartungen – sowohl an die Natürlichkeit als auch an Bequemlichkeit, Erlebnis und Genuss [6] – besteht für die verarbeitenden Betriebe ständiger Innovationsbedarf, weiter qualitätserhaltende und umweltfreundliche Technologien für die Verarbeitung zu entwickeln.

Die vielen Öko-Verarbeitungsbetriebe, die darüber hinaus Umweltmanagementsysteme etabliert haben und Prinzipien eines sozialen Handels regional und international umsetzen, sind Vorbilder für ein umfassendes Konzept einer ökologischen und nachhaltigen Lebensmittelverarbeitung [4].


Quellen:

[1] Verordnung (EWG) Nr. 834/2007 und 889/2008 ff. des Rates vom über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel.

[2] Koerber, K. V., Männle, T. und Leitzmann, C. (2004): Vollwert-Ernährung. Konzeption einer zeitgemäßen und nachhaltigen Ernährung. 10., vollständig neu überarbeitete und erweiterte Auflage, Haug Verlag, Stuttgart.

[3] Beck, A. (2003): Beschreibung der guten ökologischen Herstellungspraxis. In: Löwenstein, F. et al.: Entwicklung eines stufenübergreifenden Qualitätssicherungssystems für die ökologische Ernährungswirtschaft unter besonderer Berücksichtigung der Kommunikations- und Organisationsstrukturen. Bericht, Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Berlin, S. 38–70.

[4] Schmid, O., Beck, A. und Kretschmar, U. (Hrsg.) (2004): Underlying Principles in Organic and “Low-Input Food” Processing. FiBL-Report, Frick, Schweiz, www.org-prints.org/3234/; Deutsche Zusammenfassung: Beck, A., Kretschmar, U. und Schmid, O.: Prinzipien der ökologischen Lebensmittelverarbeitung. In: Lebendige Erde 5/2005, S. 24–27.

[5] Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL) (Hrsg.) (2006): Qualität und Sicherheit von Bio-Produkten. Lebensmittel im Vergleich. Dossier Nr. 4, Frick, Schweiz.

[6] ZMP (2001): Einstellungen und Käuferprofile bei Bio-Lebensmitteln. Marktstudie K121, Zentrale Markt- und Preisberichtstelle für Erzeugnisse der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft GmbH (ZMP), Bonn.

 

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