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Wie werden die Tiere auf Bio-Betrieben gehalten?

Ökologische Haltungssysteme sind artgerecht

Eine artgerechte Tierhaltung ist in der Ökologischen Landwirtschaft ein zentrales Anliegen. Die gesetzlichen Bio-Regeln schreiben deshalb eine vielfältiger gestaltete Umgebung mit Tageslicht und frischer Luft und mehr Platz als in konventioneller Tierhaltung vor. Bio-Schweinen werden die Ringelschwänze ebenso wenig gekürzt wie die Schnäbel der Hühner abgeschnitten werden. Bio-Masttieren wird mehr Zeit zum Wachsen gelassen.

Bio-Tiere haben mehr Platz, Einstreu, Luft und Tageslicht im Stall

Für Bio-Tiere ist durchgehend ein wesentlich höheres Platzangebot vorgeschrieben als in der konventionellen Haltung, damit sie ihre arteigenen Verhaltensweisen ausleben können. So stehen einem Bio-Mastschwein eine mindestens doppelt so große Stallfläche und Auslauffläche im Freien zu [1; 2]. Während es für konventionell gehaltene Milchkühe und Mastbullen keine speziellen Rechtsvorschriften gibt, müssen Bio-Rinder regelmäßigen Auslauf erhalten. Nur in kleinen Betrieben mit bis zu 20 Tieren, in Bayern und Baden-Württemberg mit bis zu 35 Tieren, ist die Anbindehaltung in Ausnahmefällen und nach individueller Bewilligung bei bereits bestehenden Betrieben möglich. Die Bauern müssen ihren Tieren allerdings im Sommer Weidegang und im Winter regelmäßiger Auslauf gewähren. Bei Öko-Geflügel dürfen nicht mehr als 3.000 Legehennen bzw. 2.500 Puten in einem Stall gehalten werden. Häufig sind die Tiergruppen in der Praxis noch deutlich kleiner [3]. Das erleichtert die Übersicht und Betreuung der Tiere ebenso wie das Auslaufmanagement.

Bio-Tiere: Auslauf garantiert

Der gesetzlich garantierte Auslauf an frischer Luft erhöht die Lebensqualität für Bio-Tiere. Die Wetterbedingungen und daraus folgend auch der Zustand des Bodens erlauben es allerdings nicht immer, Zugang zum Freiland zu gewähren. Geflügel, das insbesondere früh im Leben hohe Temperaturansprüche hat, muss mindestens ein Drittel seines Lebens solchen Zugang erhalten. Darüber hinaus schreiben die Bio-Verbände in ihren Richtlinien prinzipiell sogenannte Wintergärten für Hühner und Puten vor, in denen sich die Tiere auch bei widriger Witterung an der frischen Luft aufhalten können [4]. Schweine und andere Masttiere dürfen nicht länger als ein Fünftel ihrer Lebenszeit in reiner Stallhaltung gehalten werden.

Mehr artgerechte Verhaltensmöglichkeiten für Bio-Tiere

Auslauf und das größere Platzangebot tragen dazu bei, dass Tiere sich normal verhalten können. Im Freiland können die Bio-Tiere außerdem artgemäßer Nahrung suchen und fressen. Auch die obligatorische Stroheinstreu und das Angebot von Raufutter sorgt für Beschäftigung im Stall (wie z. B. für das angeborene Wühlverhalten von Schweinen). Die in der konventionellen Schweinehaltung vorherrschenden einstreulosen Vollspaltenbuchten sind in ökologischen Betrieben ebenso verboten wie Käfige für Legehennen. Um Sozialverhalten zu ermöglichen, leben Öko-Sauen die meiste Zeit– unabhängig von der Bestandsgröße – in Gruppen. Bio-Ferkel werden frühestens nach 40 Tagen abgesetzt, während konventionelle Ferkel schon nach 21 bis 28 Tagen Säugezeit von der Sau getrennt und in einen anderen Stall gebracht werden.

Bio-Masttiere dürfen langsamer wachsen

Ein konventionelles Masthähnchen bzw. -huhn wird lediglich 28 bis 40 Tage alt, bevor es geschlachtet wird. Das schnelle Wachstum hat für die Tiere erhebliche gesundheitliche Nebenwirkungen [5]. In der ökologischen Mast wird angestrebt, langsamer wachsende Tiere einzusetzen. Für Bio-Geflügel ist zudem ein Mindestalter vorgeschrieben, z. B. werden Hühner frühestens nach 81 Tagen, Gänse nach 140 Tagen geschlachtet. Auch die artgemäße Fütterung mit viel Raufutter und hofeigenen Ernten begünstigt, dass die Tiere eine etwa doppelt so lange Mastzeit haben.

Längere Lebensdauer als Ziel

Bio-Legehennen werden dagegen normalerweise nicht älter als konventionelle Hennen. Auch im Bio-Landbau werden noch überwiegend Hybridhennen eingesetzt, deren Leistungsvermögen sehr hoch ist. Mit einem Alter von ca. 1,5 Jahren legen die Hennen sehr viel weniger Eier und werden geschlachtet. Nur einige wenige Öko-Betriebe halten die Tiere nach der Mauser noch etwa ein weiteres halbes Jahr. Daher ist eine längere Nutzungsdauer ein viel diskutiertes Zuchtziel für Öko-Hennen. Entsprechende Zuchtaktivitäten sind schwierig und kostspielig [5] und die niedrigere Legeleistungen machen die Eier teurer. Bei Bio-Milchvieh in der Schweiz konnte gezeigt werden, dass Maßnahmen der Bestandsbetreuung und Gesundheitsvorsorge durch die Milchviehhalter binnen relativ kurzer Zeit zu signifikanten Anstiegen der Lebensdauer führten [6]. Hier bestehen weiterhin große Herausforderungen, die gelöst werden müssen, vor allem  auch an die Zucht.

Weniger Verhaltensprobleme – weniger schmerzhafte Eingriffe

Eingriffe am Tier wie Enthornen, Kupieren der Schwänze oder Abschleifen der Zähne werden in der konventionellen Landwirtschaft routinemäßig durchgeführt. In der ökologischen Tierhaltung ist das systematische Durchführen dieser Eingriffe verboten. Bei wiederkehrenden Verletzungen, etwa durch Hörner, ist die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für einzelne Betriebe möglich. In solchen Fällen sind zunächst andere Maßnahmen wie die Verbesserungen bei den Haltungsbedingungen, dem Management und der Zucht notwendig. Die Bio-Haltungsvorschriften stellen häufig an Halter, die auf Bio umstellen wollen, höhere Anforderungen bei der Tierbetreuung und dem Erhalt guter Hygienebedingungen und sie verursachen höhere Kosten. Eine vorherige Beratung stellen die Bio-Anbauverbände zur Verfügung.


Quellen:

[1] Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission vom 5. September 2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen hinsichtlich der ökologischen/biologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle (ABl. EG Nr. L 250 vom 18.09.2008, S. 1).

[2] Richtlinie 2008/120/EG des Rates vom 18.Dezember 2008 über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen (kodifizierte Fassung, ABl. EG Nr. L 47 S. 5).

[3]  Trei, G., Hörning, B. und Simantke, C. (2005): Status Quo der ökologischen Geflügelhaltung in Deutschland. In: Heß, J. und Rahmann, G. (Hrsg.): Beiträge zur 8. Wissenschaftstagung ökologischer Landbau, Kassel, S. 315 f.

[4] www.oekoregelungen.de > Deutschland > Private Richtlinien.

[5] Keppler, C. (2004): Zucht. In: Deerberg, F., R. Joost-Meyer zu Bakum und M. Staack (Hrsg.): Artgerechte Geflügelerzeugung. Fütterung und Management. Bioland Verlags GmbH, Mainz, S. 76–81.

[6] Ivemeyer, S. et al. (2008): Auswirkungen einer zweijährigen Bestandesbetreuung von Milchviehbeständen hinsichtlich Eutergesundheit, Antibiotikaeinsatz und Nutzungsdauer. Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 150 (10), S. 499–505.

[7] Schneider, C. (2010): Dimensionierung und Gestaltung von Laufställen für behornte Milchkühe unter Berücksichtigung des Herdenmanagements. Dissertation am Fachgebiet Nutztierethologie und Tierhaltung des Fachbereichs ökologische Agrarwissenschaften, Universität Kassel.

 

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